Warum Andreas Martin Hofmeir die Tuba liebt

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Halle/MZ. – Sie heißt Fanny und bringt Töne hervor, die sind nicht von dieser Welt. Findet Andreas Martin Hofmeir. Er spielt auf ihr, und selbst beim Telefoninterview auf der Autobahn nach Hamburg ist dem Bayern heilige Begeisterung für sein Instrument abzuspüren. „Man weiß manchmal gar nicht, wo ihr Klang überhaupt herkommt. Da ist nichts Physikalisches, keine Reibung. Sie verströmt reinen, weichen, ätherischen Wohlklang.“

Die Rede ist überraschenderweise von der Tuba, dem größten und tiefsten Blechblasinstrument, ein absoluter Underdog, den viele aus der Blasmusik kennen und wenige aus dem Sinfonieorchester.

Einsatz bei LaBrassBanda

Während Deutschland in Trübsal und Streiks versinkt, ist 2024 für die Tuba ein einziges Fest. Von den Landesmusikräten wurde sie zum Instrument des Jahres gewählt. Einer ihrer größten Fans und ihr wahrscheinlich bester Botschafter ist Andreas Martin Hofmeir. Der Mann mit dem ikonischen blonden Pferdeschwanz tritt an diesem Sonntag und am Montag in der Händel-Halle in Halle mit der Staatskapelle Halle auf – und wird dabei ein wunderbar eingängiges Tubakonzert seines Freundes Jörg Duda spielen.

Die Leitung hat Chefdirigent Fabrice Bollon, der Hofmeir noch länger an die Saalestadt gebunden hat: Zum 70-jährigen Jubiläum des halleschen Puppentheaters Ende Juni hat Bollon eigens für den gebürtigen Münchner ein „Gulliver-Konzert“ für Tuba und Orchester komponiert. Sechs Mal wird es aufgeführt, und Hofmeir wird darin nicht nur spielen, sondern auch den Text des Dessauer Schriftstellers Andreas Hillger lesen. „Damit wird die Staatskapelle Halle die größte in einem Profiorchester jemals gemessene Dichte an Tubakonzerten erreichen“, sagt Hofmeir.

Die Tuba ist ein Spätstarter: 1835 wurde sie in Berlin für die Militärmusik erfunden, als Bass-Instrument für Blaskapellen und als Nachfolger eher unzuverlässiger Vorgänger wie Serpent oder Ophikleide. Voraussetzung war kurz zuvor die Entwicklung der Ventiltechnik bei Blechblasinstrumenten gewesen. „Im Grunde ist diese späte Geburt eine Gnade für die Tuba, denn es gibt selbstverständlich kein Instrument, das ähnlich perfekt und weit entwickelt ist wie sie. Sie ist die Krone der Schöpfung.“ Andreas Martin Hofmeir ist nicht nur Tubist, sondern auch Kabarettist und Rampensau. Relativierungen und Einschränkungen hat er nicht nötig.

Der 45-Jährige steht wie kaum ein anderer für den seit 20 Jahren gestiegenen Coolnessfaktor von Blechbläsermusik. Hofmeir war viele Jahre lang Tubist der Kultband LaBrassBanda, macht Musik- und politisches Kabarett, pflegt Kammermusik in diverser Kombination mit Harfe oder Violine, natürlich auch mit seiner Frau, der Pianistin Barbara Schmelz.

Als er den ersten Echo-Klassik-Preis für Tuba überhaupt gewann, hielt Olaf Schubert die Laudatio. Er hat mit dem Geiger David Garret um die Wette gespielt und Gregor Gysi vor laufender Kamera Tuba-Unterricht gegeben. Dabei ist er im Herzen ein Lyriker, der seine Fanny beim Spiel zart und elegant wie ein Tänzer im Arm wiegt.

Zur Tuba kam Hofmeir als Jugendlicher in seinem oberbayerischen Heimatort Geisenfeld, „weil’s halt einer machen musste“. Er sei damals sehr überrascht gewesen, dass es Tubisten auch außerhalb von Traditionsblaskapellen gab. Irgendwie ging es voran. Doch wäre Hofmeir nicht ein Naturtalent („Kann man schon so sagen“), hätte er nicht lange durchgehalten. Zum Musikstudium reichte es und sogar für die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker. „Dann habe ich gemerkt: Ohne Üben geht’s doch nicht.“ Und geübt wurde vorwiegend nachts. Später wurde er Solotubist im Bruckner-Orchester Linz und ist seit 2010 ordentlicher Professor an der Musikhochschule Salzburg. In der Nähe der Mozartstadt lebt er auch.

Als gestrengen Lehrer kann man sich Andreas Martin Hofmeir schwer vorstellen, „doch in der Sache bin ich sehr penibel“. Drill: nein. Aber Klang, Musikalität, Ausdruck: unbedingt. Seine Schüler seien mündige Musikerinnen und Musiker. „Ich bin nur ihr Begleiter und versuche sie in dem zu unterstützen, was sie sich vornehmen.“ Das ist selten ein Engagement in einem Profiorchester, wo es meist nur eine Tubastelle gibt. „Es gibt mittlerweile ganz viele Möglichkeiten, was man als Tubist so beruflich machen kann.“

Zur erfolgreichen Karriere gehört neben herausragenden musikalischen Fähigkeiten auch diese, sich selbst zu vermarkten. Andreas Martin Hofmeir beherrscht sie ebenso virtuos wie sein Instrument. Trotzdem passiere es auch ihm, „dass man als Tubist einfach grandios unterschätzt wird und die Leute große Augen machen, wenn man mehr als drei Töne spielen kann“. Ein Alphatier zu sein, ist hier auch Überlebensstrategie. Doch untereinander, da seien Tubisten eine starke Gemeinschaft. „Wir sind Gesellschaftstiger und halten zusammen.“

Jetzt auch „Schmähgedichte“

Kaum verwunderlich, hat Andreas Martin Hofmeir seiner Tuba mit dem Buch „Kein Aufwand“ auch ein literarisches Denkmal gesetzt. Danach bleibt nur noch, sich humoristisch abzugrenzen: Frisch auf dem Markt ist des Tubisten „Hundsgemeine Instrumentenkunde“ mit „Schmähgedichten über die rudimentär entwickelten, prähistorischen Vorläufer der Tuba (also alle anderen)“.

Andreas Martin Hofmeir in Halle: Sinfoniekonzert der Staatskapelle Halle, 14. Januar 11 Uhr, 15. Januar 19.30 Uhr in der Händel-Halle in Halle, Leitung: Fabrice Bollon. Auf dem Programm Sibelius: Sinfonische Dichtung „Finlandia“, Duda: Konzert für Tuba und Orchester Nr. 1, Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 11 „Das Jahr 1905“.

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