Mit Video: Flott durch die Kasse – Wie der digitale Einkaufswagen bei Kunden ankommt

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Halle (Saale)/MZ. – Friedrich Knorpp scannt ein paar Rosen mit dem digitalen Einkaufswagen Easy-Shopper ein. 4,99 Euro wird auf dem Display angezeigt. „Moment, das sind die teuren. Ich schau mal, ob es da noch andere gibt.“ Der Hallenser ist sicher kein Sparfuchs, denn er kauft gleich drei kleine Sträuße. „Auf den Preis achte ich aber schon“, sagt der Rentner. Die Preisanzeige findet er daher nützlich.

„Ich mache mir eine Einkaufsliste, doch dann greift man doch bei dem einen oder anderen Produkt noch zu, da ist eine Kostenübersicht nicht verkehrt“, so Knorpp. Wenn er mittwochs einkaufen geht, bekommt er noch einmal zehn Prozent Rabatt. „Klar will der Markt damit erreichen, dass nicht alle Freitagnachmittag kommen.“ Er lächelt: „Ich kann mir die Zeit ja frei einteilen.“

Edeka-Center in Halle setzt auf Easy-Shopper-Einkaufswagen

Knorpp ist einer der Kunden im halleschen Edeka-Center, die den Einkaufswagen Easy-Shopper nutzen. Der Markt in der Hermesstraße sei 2020 einer der ersten in Deutschland gewesen, der das neue Kassensystem einsetzte, sagt Marktleiter Christoph Lauterbach. Er trägt wie alle Mitarbeiter die Edeka-Dienstkleidung: eine dunkle Hose, grauer Pullover, dazu ein Namensschild.

 

Der Easyshopper soll Kunden das Einkaufen erleichtern. (Bericht: Anna Lena Giesert)

In wenigen Worten erläutert er die Handhabung des Easy-Shoppers: Die Nutzer melden sich mit einer Kundenkarte oder App an, scannen über ein festes Lesegerät am Wagen die Produkte selbst und legen sie in ihre Einkaufstaschen, die aber auf dem Wagen liegen müssen. An der Kasse wird nur noch bei einer Edeka-Mitarbeiterin bezahlt.

An SB-Kassen scannen die Kunden die Produkte selbst.
An SB-Kassen scannen die Kunden die Produkte selbst.

Foto: Rewe

Digitale Einkaufswagen und SB-Kassen in Supermärkten auf dem Vormarsch

Als das System vor drei Jahren eingeführt wurde, waren laut Lauterbach viele Kunden noch zurückhaltend. „Inzwischen nutzt fast jeder fünfte Kunde den Easy Shopper – von jung bis alt.“ Als größten Vorteil sieht der Marktchef, dass den Kunden das aufwendige Aus- und Einpacken erspart bleibt. „An den Kassen gibt es in der Regel keine Schlangen mehr, da nur bezahlt werden muss“, so Lauterbach.

Seine Erfahrungen decken sich auch mit bundesweiten Erhebungen. Etwa zehn bis 20 Prozent der Kunden nutzen laut Handelsforschungsinstitut EHI die Selbstscanner, wenn sie angeboten werden. Bei den Selbstbedienungskassen (SB-Kassen), an denen die Produkte von den Kunden gescannt werden, sind es sogar je nach Markt 30 bis 40 Prozent.

Einige Sicherheitssysteme im digitalen Einkaufswegen

Lauterbach betont, dass durch das Easy-Shopper-System im halleschen Markt keine Kassen weggefallen sind. „Im Gegenteil, wir haben sogar noch aufgestockt.“ Neben den normalen Kassen gibt es die SB-Kassen und die Easy-Shopper-Kassen. Auch beim intelligenten Einkaufswagen zahlen die Kunden also weiter bei einer Kassiererin. Warum? „Viele schätzen den persönlichen Kontakt“, sagt Lauterbach. „Den wollen wir erhalten.“

Dass noch bei einer Kassiererin bezahlt wird, dürfte aber auch mit zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen gegen Diebstähle zusammenhängen. Denn seit der Einführung gibt es eine Diskussion, wie ein Missbrauch verhindert werden kann. Edeka selbst äußert sich zu den Kontrollsystemen nicht im Detail. Doch diese sind bei allen solchen Systemen ähnlich: Eine Kamera und eine Gewichtswaage sind im Einkaufswagen installiert.

Über die Waage wird verglichen, ob die gescannten Waren mit dem Gewicht auf dem Wagen übereinstimmen. Ein Edeka-Kunde berichtet der MZ, dass er zwei Mal an der Kasse die Waren aus den Taschen ausräumen musste, weil Gewicht und Scan nicht übereinstimmten. „Dann verliert man schon die Lust an solchen Systemen“, so der Kunde.

An den Kassen gibt es in der Regel keine Schlangen mehr.“

Christoph Lauterbach, Edeka-Marktleiter in Halle

Auch die Wirtschaftsforscherin Doreen Pick von der Hochschule Merseburg verweist auf Fallstricke. „Wenn ein Kunde die Ware nicht richtig scannt, dann gerät er schnell in den Verdacht des Diebstahls.“ Laut Lauterbach sind solche Fälle jedoch extrem selten: „Über das Display ist klar erkennbar, ob ein Scan erfolgreich ist oder nicht.“ Bei Unregelmäßigkeiten an der Kasse werde auch niemand des Diebstahls verdächtigt. Laut Lauterbach würden Kunden dann zum Auspacken der Waren gebeten, wenn das System beim Scan Unregelmäßigkeiten feststellt. „Es kann auch sein, der Kunden hat ein Produkt zu oft gescannt und würde zu viel zahlen“, erläutert der Marktleiter.

Lutz Köhlmann macht Großeinkauf mit dem Easy-Shopper.
Lutz Köhlmann macht Großeinkauf mit dem Easy-Shopper.

FotO: Höhne

Nach Angaben von EHI-Handelsexperte Frank Horst haben die Händler beim Einsatz solcher Systeme bisher keine erhöhte Diebstahlquote festgestellt. „Bei den SB-Kassen steht meist noch ein Mitarbeiter, der bei Problemen aushilft, aber natürlich auch aufpasst“, so Horst. Nach seinen Angaben finden die meisten Delikte „auf der Fläche statt“. Gemeint ist, dass sich Kunden Waren in Taschen oder Jacken stecken – egal wie kassiert wird.

Wie hoch ist Zeitersparnis durch Selbstscanner?

Wirtschaftsforscherin Pick hat im Auftrag von Handelsunternehmen mit Studenten auch untersucht, wie kundenfreundlich die neuen Scan-Systeme sind. Ihr Fazit: „Der Kunde spart nicht immer Zeit.“ So gehe das Bezahlen zwar schneller. „Wir haben aber festgestellt, dass Einscannen von Backwaren aus der Theke oder von Obst mitunter aufwendig sind.“ So müssten die Kunden Zahlencodes eingeben.

„Insgesamt ist die Akzeptanz bei den Kunden und auch bei unseren 140 Mitarbeitern hoch“, berichtet Lauterbach. „Wir haben durch die neuen Systeme keine einzige Stelle abgebaut.“ Vielmehr eröffne es Freiräume. „Wenn künftig mehr Kunden SB-Kassen nutzen, haben die Mitarbeiter mehr Zeit für Service etwa an den Frischetheken.“

Gewerkschaft Verdi will Prozess mit begleiten und auch beeinflussen

Die Gewerkschaft Verdi sieht das teilweise genauso. „Wir werden die Digitalisierung im Handel nicht aufhalten, wir können sie nur mitgestalten“, sagt Torsten Furgol, Verdi-Fachbereichsleiter Handel in Sachsen-Anhalt. „Mitarbeiter, die an der Kasse nicht mehr nötig sind, müssen so qualifiziert werden, dass sie an der Frischetheke arbeiten können.“

Allein wegen des Fachkräftemangels erwartet Furgol jedoch auch, dass durch die Einführung von digitalen Kassiersystemen frei werdende Stellen mitunter nicht wieder besetzt werden. Die Gewerkschaft Verdi hat inzwischen mit verschiedenen Händlern auch sogenannte Digitalisierungstarifverträge abgeschlossen. „Da wird unter anderem festgelegt, wie sich Tätigkeitsfelder ändern“, erläutert Furgol.

Am Ende werden die Verbraucher entscheiden, in welchem Umfang sie selbst zum Kassierer werden wollen. Edeka-Kunde Lutz Köhlmann aus Halle hat seine Wahl getroffen. Er schiebt einen Easy-Shopping-Einkaufswagen zum Ausgang. „Ich muss am Kassenband nicht alles auspacken, die Einkaufskisten schiebe ich gleich ins Auto“, nennt er als Gründe, warum er das Scan-System nutzt. Als Rentner will er technisch auch auf der Höhe der Zeit bleiben.

„Solche Systeme wird es auch in anderen Geschäften immer öfter geben, damit sollte man sich lieber vertraut machen.“ Auf einen Plausch an der Kasse muss er zumindest bei Edeka in Halle auch nicht verzichten.

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