Intel-Ansiedlung: So viel Geld wird Landwirten für ihr Land geboten

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Magdeburg/MZ – Als Geschäftsführer der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt gehört es auch zu den Aufgaben von Frank Ribbe, Boden zu kaufen, auf dem später Industrieansiedlungen stattfinden. Doch nun hat der Ökonom einen zusätzlichen Job übernommen, den er selbst als „Mammutaufgabe“ bezeichnet.

Seit dem 8. Januar ist Ribbe Geschäftsführer der neu gegründeten „High-Tech Park Sachsen-Anhalt GmbH“. Die Gesellschaft soll im Auftrag des Landes südlich von Magdeburg den gleichnamigen Industriepark für die Zulieferer des Chip-Herstellers Intel entwickeln.

Das gesamte Areal des High-Tech-Parks umfasst 1.100 Hektar – das sind umgerechnet 1.540 Fußballfelder. Auf rund 400 Hektar davon wird Intel zunächst zwei Chipfabriken bauen. Es ist aber noch Platz für einen weiteren Ausbau auf dem Industrieareal namens „Eulenberg“.

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Die Landgesellschaft hatte bereits 2021 begonnen, dafür Flächen zu sichern. Damals wurde den Verkäufern lediglich mitgeteilt, ein großer amerikanischer Investor wolle sich ansiedeln. Der Arbeitstitel für das Projekt hieß „Steuben“. Die Ansiedlung von Intel wurde erst im März 2022 bekanntgegeben. Die Stadt Magdeburg kaufte dann die Flächen, die inzwischen dem US-Konzern gehören.

Landwirte sollen Ersatzflächen erhalten

Nun soll Ribbe mit seinem Team der Landgesellschaft auch die Flächen in den Kommunen Sülzetal und Wanzleben-Börde für die erwarteten Intel-Zulieferer kaufen und erschließen. „Es ist nie einfach, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben“, sagt Ribbe. „In dem speziellen Fall erst recht nicht.“

Da das Land Sachsen-Anhalt möglichst schnell über die Flächen verfügen will, dürfte das Preisniveau steigen. „Da darf man sich nichts vormachen“, räumt Ribbe ein. Er nennt auch eine Zahl: „25 Euro je Quadratmeter“. „Das hört sich nach einem sehr guten Preis an“, sagt ein Immobilienexperte aus Leipzig der MZ. In der Region Leipzig/Halle hätte reines Ackerland zur Erschließung von Industriestandorten in der Vergangenheit fünf bis zehn Euro gekostet.

Es ist nie einfach, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben.

Rank Ribbe, Chef der High-Tech Park Sachsen-Anhalt GmbH

Es handelt sich bei dem Acker nahe Magdeburg um besten Börde-Boden – die Lösserde zählt zu den fruchtbarsten Krumen Europas. Die Landeigentümer oder Landwirte erzielen bei einem Verkauf an einen anderen Bauern Preise von bis zu 50.000 Euro je Hektar. Das sind umgerechnet fünf Euro je Quadratmeter. Der neugegründete High-Tech Park bietet also das Fünffache.

Frank Rippe leitet auch die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt.
Frank Rippe leitet auch die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt.

Foto: Landgesellschaft

Ribbe ist sich dennoch nicht sicher, ob er alle gewünschten Flächen erhält. „Einige betroffene Landwirte benötigen ihren Boden, um weiter zu existieren.“ Daher will die Landgesellschaft auch eigene Flächen rund um Magdeburg den Agrarbetrieben als Ersatzflächen anbieten.

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Ursprünglich war geplant, dass Sülzetal, Wanzleben-Börde und Magdeburg den High-Tech Park zusammen entwickeln und die Grundstücke an Investoren verkaufen. Das war überraschend Ende vergangenen Jahres geplatzt. Die Kommunen waren sich nicht einig, ob sie das Projekt finanziell stemmen können, wobei die Erschließung fast komplett über Fördermittel finanziert worden wäre. Jetzt ist das Land eingesprungen. Das Finanzministerium hat einen Kredit in Höhe von 250 Millionen Euro aufgenommen. „Das Geld wurde als Einlage in die High-Tech Park Sachsen-Anhalt GmbH eingebracht“, erklärt Ribbe.

Berater von EY steuern die Projektgesellschaft

Als Geschäftsführer der neuen Gesellschaft wird er nach eigenen Angaben zunächst auf die Mitarbeiter der Landgesellschaft beim Bodenkauf zurückgreifen. Die Grundstücke würden nicht einzeln gekauft. „Die Verträge werden vorbereitet und dann die Grundstücke zusammen erworben“, erläutert Ribbe das Vorgehen. Für den Bebauungsplan gebe es bereits Vorarbeiten.

Von den behördlichen Auflagen und den Wünschen der Investoren hängt ab, wie der High-Tech-Park erschlossen wird. „Einen genauen Plan dafür gibt es noch nicht“, sagt der Geschäftsführer. Auch ein Zeitplan liegt noch nicht vor. Doch die Uhr tickt: Intel will mit dem Bau wohl in der zweiten Jahreshälfte 2024 beginnen. Dafür sollen auf dem Gelände laut Finanzministerium 1,3 Millionen Tonnen bester Mutterboden abgetragen werden – die Chipfabriken benötigen viel Platz und starke Fundamente. Der US-Konzern nimmt auf seinem Areal die Erschließung selbst vor. Spätestens 2025 müssten wohl die Zulieferer mit dem Bau starten. Aus den Erlösen beim Grundstücksverkauf an die Unternehmen soll auch der 250-Millionen-Kredit des Landes zurückgezahlt werden.

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Die High-Tech Park Sachsen-Anhalt GmbH wird dabei eng mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY (früher Ernst & Young) zusammenarbeiten. Ein Beraterteam übernimmt im Auftrag des Landes die Projektsteuerung. Es kümmert sich beispielsweise darum, dass die Zulieferer ausreichend mit Strom und Wasser versorgt werden. „Ein solches Großprojekt besteht aus vielen Einzelteilen, die koordiniert werden müssen“, so Ribbe. Nach bisherigen Plänen soll die High-Tech Park Sachsen-Anhalt GmbH später auch als eine Art Betreibergesellschaft für den Industriepark fungieren. Ribbe sieht seinen neuen Führungsposten allerdings nur als Job auf Zeit. „Die Führung der Landgesellschaft ist eine ausfüllende Arbeit“, sagt er. Die Doppelfunktion sei nur für eine begrenzte Zeit möglich.

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